Minimalismus und Nachhaltigkeit: Was das eine mit dem anderen zu tun hat

Jana Stark

In den vergangenen Jahren machte sich zunehmend die Rede von einem minimalistischen Lebensstil in den Medien breit. Personen, die diesem Lebenskonzept folgen, teilen auf Social Media Kanälen Bilder ihrer Wohnung und einer minimalistischen Lebensweise mit ihren Followern. Immer mehr Serien und Dokus zu diesem Thema sind auf Streaming-Plattformen zu finden und inzwischen gibt es sogar Stars und Ikonen des Minimalismus`, die sich weltweit einen Namen gemacht haben. Minimalismus wird zum Trend. Doch was genau steckt hinter dem Begriff Minimalismus und inwiefern hat das ganze etwas mit Nachhaltigkeit zu tun?

Was ist Minimalismus?

Minimalismus ist ein Konzept des Lebens, welches sich nicht nur auf eine saubere und aufgeräumte Wohnung bezieht, so wie es viele Bilder auf Social Media eigentlich annehmen lassen. Viel eher beschreibt es eine Art und Weise des Lebens, ein bewusster Umgang in allen Bereichen des individuellen Alltags. Es geht darum, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und allem unnötigen den Rücken zuzukehren. Das Ziel ist ein reduziertes Besitztum, ein intensives und bewusstes Auseinandersetzen mit dem persönlichen Konsumverhalten, weniger Ablenkung im Alltag und als Ergebnis ein befreites und glücklicheres Leben. Der Gedanke dahinter ist ganz simpel: Besitz macht nicht unbedingt glücklich und kann bei Überkonsum sogar belasten und Stress verursachen. Man verliert das Auge für das Wesentliche. Das wirklich Schöne und Wichtige kann infolgedessen nicht mehr genossen werden, da es im Überkonsum einfach untergeht. Ein Beispiel, um dies zu verdeutlichen, stellt unseren Konsum der Musik dar. Wann habt ihr euch zuletzt einmal hingesetzt und ganz bewusst Musik gehört, ohne Ablenkung ein Album von vorne bis hinten durchgehört? Zumeist plätschert die Musik nur nebenher, wird gar nicht mehr richtig wahrgenommen oder man zappt schnell durch die Playlist durch. Und das beschränkt sich eben nicht nur auf die Musik, sondern durchzieht in unserer heutigen Gesellschaft jegliche Bereiche. Dadurch entsteht eine Überflutung der Sinne und man steht dauerhaft unter Strom. Dies kann tatsächlich auch den Schlaf beeinflussen. Wenn es zu viel Ablenkung in Form von Besitztümern gibt, wenn das Schlafzimmer voll davon steht, werden wir im Inneren selbst unruhig, schlafen unruhiger und können nicht mehr richtig abschalten, was sich wiederum auf unser Wohlbefinden, das eigene Energielevel und unsere Leistung negativ auswirken kann. 

Die Idee des Minimalismus ist nicht unbedingt neu. Sie war bereits im Buddhismus stark verankert, in dem ein großer Fokus auf den persönlichen Verzicht gelegt wurde. Dabei ist allerdings zu sagen, dass Minimalismus keineswegs bedeutet, sich vom einen auf den anderen Moment von 80 % seiner eigenen Sachen zu trennen. Es ist immer eine individuelle Angelegenheit, in welcher Art und Weise und in welchem Maß man dieses Konzept in sein Leben integriert. Es geht also im Wesentlichen nicht darum, eine leere Wohnung zu haben, sondern vielmehr um ein Bewusstwerden des eigenen Besitzes und Konsums.

Ist Minimalismus automatisch nachhaltig?

Nein, definitiv nicht. Auch wenn Minimalismus als wesentlichen Gegenstand ein reduziertes Kaufverhalten beinhaltet, was meist mit einem nachhaltigeren Lebensstil in Verbindung gebracht wird, heißt das noch lange nicht, dass Minimalismus automatisch nachhaltig ist. Es kann sogar das Gegenteil davon bedeuten. Doch weshalb ist das so? Minimalismus setzt nicht nur auf einen bewussten Umgang mit Konsum, sondern auch auf das Ausmisten unnötiger Dinge. Und hier stellt sich die Frage, was passiert mit den ausgemisteten Dingen? Wer sie direkt wegwirft, handelt nicht sehr nachhaltig. Denn die Dinge wurden ja bereits produziert und Ressourcen wurden dafür verbraucht. Wenn sie im Müll landen und nicht mehr genutzt werden, hatten sie kein besonders langes Leben und man könnte sagen, sie wurden unnötigerweise produziert, was eine Verschwendung darstellt. Deshalb sollte lieber geschaut werden, wo aussortierte Gegenstände noch eine Verwendung haben könnten. Und hier bietet sich beispielsweise Verschenken, Verkaufen, Spenden oder Upcyclen an. 

Ebenfalls wenig nachhaltig ist es, wenn man radikal aussortiert, um daraufhin neue Dinge zu kaufen. Es mag zwar sein, dass die aussortierten Gegenstände dann durch weniger Güter ersetzt werden, aber dennoch ist es nicht nachhaltig auszusortieren, um erneut zu kaufen. Deshalb ist es wichtig, sich wirklich die Frage zu stellen: “Brauche ich das? Oder müsste ich es ersetzen?”. Sobald es ersetzt werden müsste, sollte es vorerst nicht aussortiert werden. Dasselbe kann passieren, wenn man sich zwar vornimmt minimalistischer zu leben, sich zu reduzieren und alles Unnötige aus dem Haus zu verbannen, dies allerdings nicht durchzieht und dann wieder in alte Muster verfällt. So wird ebenfalls erst aussortiert, um dann erneut wieder zu kaufen. Aus diesem Grund sollte ein Einstieg in ein minimalistischeres Leben nicht allzu radikal gestaltet werden, da dies meist scheitert. Besser ist es, das ganze langsam anzugehen und mit der Zeit immer minimalistischer zu werden. Das garantiert eher, dass man dem Minimalismus dann auch wirklich nachhaltig treu bleibt.

Ab wann ist Minimalismus also nachhaltig?

Minimalismus ist ab dem Punkt nachhaltig, ab dem Verschwendung keinen Platz mehr im eigenen Leben hat. Sprich, wenn man keine Besitztümer durch Wegwerfen verschwendet und wenn man beim Kaufen und Konsumieren nicht verschwenderisch agiert. Das bedeutet nicht nur Impulskäufe oder unnötigen Konsum zu vermeiden, sondern auch darauf zu achten, dass selbst das, was notwendigerweise gekauft werden muss, minimalistisch erscheint, also nicht mit unnötiger Verpackung daherkommt. Aus diesem Grund gehört beispielsweise die Zero-Waste-Bewegung dem minimalistischen Konzept an, denn hier wird nur das gekauft, was tatsächlich konsumiert wird, sodass kein Müll anfällt und dementsprechend dafür nichts unnötig produziert, weggeworfen und somit verschwendet wird. Also immer darauf achten, ob es das Benötigte auch verpackungsfrei gibt. Und sobald man das verinnerlicht hat, lebt man automatisch nachhaltiger, da nur noch Ressourcen für die wesentlichen Dinge im Leben verarbeitet werden. 

Die Vorteile des Minimalismus

So ist zum einen die Möglichkeit auf ein nachhaltigeres Leben ein sehr positiver Nebeneffekt einer minimalistischen Lebensweise. Doch kommen noch viele weitere Vorteile damit einher. Zum Beispiel ist Minimalismus auch sehr schonend für das eigene Portemonnaie. Denn je weniger konsumiert wird, desto weniger Geld wird ausgegeben. Dies ermöglicht es einem, sein Geld sinnvoll zu verwenden und beim Kauf auf Qualität zu setzen. Also beispielsweise statt etliche Fast Fashion Artikel zu kaufen, zu einem qualitativ hochwertigen, am besten fair und nachhaltig produziertem Kleidungsstück greifen. Dasselbe gilt natürlich auch für alle weiteren Produkte, wie Lebensmittel, Möbel oder Elektronik. Qualität statt Quantität ist hier also die Devise. 

Des Weiteren verschafft Minimalismus auch mehr Zeit. Dies mag vielleicht erstmal zusammenhangslos klingen. Doch wer weniger Dinge besitzt, der hat weniger Ablenkung und wer weniger abgelenkt wird, hat mehr freie Zeit. Diese kann dann mit Dingen gefüllt werden, die einem tatsächlich wichtig im Leben sind, wie Zeit mit Freunden, Familie, einem besonderen Hobby oder einfach Zeit für sich selbst. 

Auch Struktur und Ordnung wird automatisch vermehrt in das eigene Leben einkehren. Es heißt schließlich nicht umsonst von der äußeren zur inneren Ordnung ;). Auslöser hierfür ist ebenfalls die fehlende Ablenkung, dass man nicht mehr von Außen beeinflusst wird und somit eine bessere Kontrolle über das eigene Leben hat. Und mehr Ordnung und Struktur sorgt für weniger Stress im Leben. Übrig bleibt dann ein nachhaltiges, unabhängiges Leben, das auf das Wesentliche konzentriert ist. 

In kleinen Schritten zu einem minimalistischen Leben

Minimalistisch zu leben bedeutet Disziplin, Durchhaltevermögen und vor allem zu Beginn ein hohes Maß an Aufwand. Deshalb ist es sinnvoll, erstmal klein anzufangen. Und hierfür eignet sich das Smartphone sehr gut. Wie wäre es beispielsweise damit, alles Unnötige vom Smartphone zu verbannen? Also Apps, die gerne Zeit stehlen oder Fotos, die man eh nicht mehr anschaut. So kann schonmal sehr gut die Bildschirmzeit verringert werden. Weiter kann es gehen mit unnötigen Abonnements, die entweder unseren Briefkasten oder das E-Mail-Postfach zuspamen. Am besten nehmt ihr euch bewusst einen Tag dafür her und beginnt einfach mal damit alle Abonnements und Newsletter zu kündigen. Ihr werdet merken, wie befreiend das sein kann. Auch auf dem Schreibtisch kann sich mit der Zeit einiges unnötiges anhäufen und am beliebtesten dabei sind nicht mehr funktionierende Kugelschreiber. Wie wäre es damit, die einfach mal neu aufzufüllen oder, wenn nicht möglich, wegzuwerfen? In der Küche häufen sich auch ganz gerne jede Menge Vorräte an, über die man schon gar keinen Überblick mehr hat. Nehmt euch doch mal eine Woche vor all eure Küchenvorräte zu verwerten, um dann in Zukunft geordneter und bewusster mit den Lebensmitteln umzugehen und nichts mehr zu bunkern. Und der letzte Tipp für heute: Regelmäßig eure Kontoauszüge überprüfen. Zu oft kaufen wir unbewusst Dinge und merken gar nicht, wohin all das Geld fließt. Durch das bargeldlose Bezahlen wird dies zusätzlich nochmal gefördert. Wer also regelmäßig auf das Konto schaut, sieht auch, wofür das Geld im Alltag tatsächlich ausgegeben wird. So kann ein Bewusstsein für unbewusste Geldausgaben und Impulskäufe geschaffen werden, damit diese in Zukunft reduziert werden. 

Nächste Woche geht es dann weiter mit minimalistischen Konzepten, wie man am besten aussortiert und was gute Plattformen für aussortierte Gegenstände sind.

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